Mit einer Länge von etwa 500 km und einer Breite von 100 km ist Vancouver Island die größte Insel von British Columbia und die größte Insel vor der Westküste Nordamerikas. Die Pazifikinsel im Westen von Kanada ist ungefähr so groß wie die Niederlande und an Naturschönheiten schwer zu übertreffen. Urvölker mit zungenbrecherischen Namen wie Kwakwaka’wakw und Tla-o-qui-aht sind hier seit Menschengedenken zu Hause.
Eine der schönsten Gegenden der Insel ist sicherlich die wilde, zerklüftete und sturmgepeitschte Westseite der Küste zwischen Ucluelet und Tofino im “Pacific Rim National Park”.
Der Pacific Rim National Park ist der einzige Nationalpark auf Vancouver Island. Der Park besteht aus einem 511 km² großem Gebiet aus Land und Ozean, seine Länge beträgt dabei rund 130 km. Zum Nationalpark zählen drei Abschnitte: der etwa 20 km lange „Long Beach“ mit sanft abfallendem Sandstrand, einsamen Buchten und einem Küstenregenwald, die “Broken Group Islands”, bestehend aus nahezu 100 Inseln, sowie der “West-Coast-Trail”, ein 75 km langer Extremwanderweg durch Wildnis, Regenwald, Sümpfe und zerklüftete Küstenlandschaften.
Der Pacific Rim National Park verzeichnet einen durchschnittlichen Niederschlag von über 6.000 mm im Jahr! Der viele Regen sorgt für eine üppige Vegetation, die besonders beeindruckend in einigen Regenwaldabschnitten zu bestaunen ist.
Ich hatte mich sehr auf fünf volle Tage auf Vancouver Island gefreut, empfangen wurden wir allerdings mit immer wiederkehrenden starken Regenschauern, die die ersten drei Tage anhielten. Viele Plätze mussten wir aufgrund des Wetters auslassen, interessante Lichtstimmungen am Morgen oder am Abend waren große Wunschgedanken. Die meiste Zeit waren wir damit beschäftigt Kleidung und Fotoausrüstung zu trocknen. Ich hatte das Gefühl, dass die gesamten 6.000 mm an Regen in genau den drei Tagen unseres Aufenthaltes fielen.
Zwei Ziele gab es allerdings, die auch bei Regen sehr sehenswert waren und das nass-trübe Wetter dann sogar für die richtige Stimmung vor Ort sorgte…
Rainforest Trail
Der Rainforest Trail ist ein Naturerlebnis der besonderen Art! Dieser Regenwald befindet sich ca. 15 km südlich von Tofino. Zwei Trails, jeder etwa einen Kilometer lang, führen größtenteils auf Holzstegen und Treppen durch einen absolut bezaubernden Regenwald. Grün in allen erdenklichen Farbabstufungen ist hier vorherrschend. Der Bestand an riesigen Fichten, Zedern, Tannen und Koniferen ist beeindruckend! Der enge Trail windet sich vorbei an umgefallenen, abgestorbenen Baumstümpfen, die in ihrer Verwitterung bereits wieder neuen Bäumen Lebensgrundlagen bieten. Immer wieder plätschert Wasser den Hang herab und sammelt sich in Tümpel. Es macht Spaß auf den teils schon halb verwitterten Holzbrettern durch den Wald zu marschieren und hinter jeder Ecke eine andere Perspektive zu finden. Vögel zwitschern laut vom Blätterdach herab und zwischendurch bin ich mir nicht sicher ob ich nicht doch in einem Regenwald Costa Ricas gelandet bin…
Hier wachsen Pflanzen, die ich nur aus dem Gewächshaus kenne, Pflanzen, die üppiger gedeihen als in unseren Breitengraden und Bäume, die schon länger leben, als ich es mir überhaupt vorstellen kann.
Es war ein wunderbares Gefühl durch diesen Wald zu marschieren und diese unberührte Natur so nah zu erleben. Der Rainforest Trail ist ein gigantisches in ursprünglichem Zustand belassenes Stück Regenwald und mit Sicherheit einer der schönsten Wälder, die ich bisher gesehen habe!
Cathedral Grove
Ein zweiter sehenswerter Waldabschnitt ist „Cathedral Grove“, auch bekannt als MacMillan Provincial Park. Die Besonderheit dieses Waldes sind seine bis zu 800 Jahre alte Bestände an Mammutbäumen (Douglasien). Manche Bäume im Schutzgebiet waren schon weit über 250 Jahre alt als Christoph Kolumbus Amerika entdeckte…
Die größten Bäume können einen Umfang von neun Metern aufweisen. Ein Rundweg durch den Cathedral Grove führt an diesen gigantischen Bäumen vorbei. Auch hier bedecken mannshohe Farne den Boden und Moose und Flechten hängen von den Ästen der uralten Riesen-Lebensbäume (engl. „red cedar“), die enorme Wuchshöhen von über 70 m erreichen können! Voller Ehrfurcht bestaunte ich die Giganten, die majestätisch scheinbar ewig in den Himmel ragen.
Alle möglichen Stadien des Vermoderns und des Zerfalls sind auch in diesem Wald am Boden sichtbar und umgefallene Bäume liegen kreuz und quer herum. Der Wald strahlt eine unglaubliche Ruhe aus und die lange Vergangenheit ist ehrfürchtig spürbar.
Beide Waldgebiete sind wirklich sehr sehenswert und sollten bei einem Aufenthalt auf Vancouver Island meiner Meinung nach unbedingt besichtigt werden. Es ist schön, dass es noch derart unberührte Waldabschnitte gibt und es ist wichtig, dass diese auch weiterhin geschützt werden!
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Ja, man kann sagen für die Regenwälder hatten wir perfektes Wetter.