Vor ein paar Wochen konnte ich endlich einen schon länger geplanten Fotoausflug verwirklich. Mit zwei befreundeten Fotokollegen war ich auf der Rax unterwegs um Gämsen zu fotografieren. Gämsen sind neben Steinböcke für mich die repräsentativsten Tiere der Bergwelt und so entstand vor einiger Zeit schon der Wunsch diese Tiere in deren Lebensraum zu beobachten und einige Bilder davon mitzunehmen.
Die Gämse bewohnt den ganzen Alpenraum, das größte Revier in Europa befindet sich im Hochwachwabgebiet in der Steiermark. Unser Ziel sollte für unseren Ausflug etwas näher sein. Die Rax, auf der sich ebenfalls eine relativ große Gämsenkolonie befindet, war perfekt für unser Vorhaben.
Ein großer Wunschgedanke von uns war natürlich auch die Gämsen im schönen Abend- bzw. Morgenlicht zu fotografieren, weshalb wir uns das Karl Ludwig Haus als Unterkunft für eine Übernachtung ausgesucht hatten. Leider machte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung, schon die Vorhersage für die späten Abendstunden versprach Regen, der die ganze Nacht bis in den nächsten Morgen anhalten sollte. Wir ließen uns trotzdem von unserem Ausflug nicht abhalten und wollten das beste daraus machen solang das Wetter anhielt.
Der Aufstieg erfolgte am Vormittag bei ziemlich heißen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein vom Preiner Gscheid aus. Ein relativ kurzer, aber stetig steiler Weg führt direkt zum Karl Ludwig Haus, das wir zur Mittagszeit erreichten. Nach einer kurzen Stärkung sahen wir uns eine Umgebungskarte etwas genauer an und überlegten wo wir die Tiere zuerst suchen wollten. Nachdem wir bereits vorab recherchiert hatten, wussten wir ziemlich genau wo sich die Tiere meistens aufhalten und konnten das Gebiet gut abgrenzen. Das schöne Wetter an diesem Tag nutzten auch viele andere Wanderer aus, die meisten davon waren auf dem Weg zum Raxgipfel. Für uns war deshalb sofort klar, dass wir genau diesen Teil der Rax meiden wollten und die Gämsen ein Stück weiter nördlich in einer ruhigeren Gegend suchen wollten.
Unser Plan ging auf, es dauerte nicht lange bis wir die ersten Gämsen zwischen den Latschen ausmachen konnten. Mit griffbereiter Kamera mit großem Teleobjektiv näherten wir uns langsam den Tieren, die uns natürlich schon längst gesehen und gewittert hatten. Die Annäherungsdistanz, die diese kleine Gruppe von Gämsen tolerierte, war jedoch ziemlich schnell erreicht und noch bevor wir die ersten Bilder im Kasten hatten, flüchteten die Tiere vor uns. Ich war etwas skeptisch und unsicher ob ich überhaupt brauchbare Bilder von diesem Tag mit nachhause bringen würde.
Aber Geduld zahlt sich eben doch immer aus, gerade auch wenn man Wildtiere fotografiert! Nach einigen Metern entdeckten wir die nächste Gämse, die entspannt am Äsen war. Diese Situation nutzten wir aus und pirschten uns in geduckter Haltung langsam näher in Fotodistanz. Immer wieder wenn das Tier in unsere Richtung aufblickte, blieben wir einige Momente regungslos stehen und warteten bis es wieder gelassen weiterfraß. Auf diese Art gelangen mehr und mehr brauchbare Bilder. Manche Tiere zeigten weniger Scheu und in einem ganz ruhigen Moment, in dem wir still am Hang saßen, bewegte sich eine Gämse hinter den Latschensträuchern immer näher in unsere Richtung, sodass auch Aufnahmen aus naher Entfernung möglich waren. Wir verhielten uns ruhig, saßen oder lagen auf dem Boden und außer dem Klicken der Kameraverschlüsse war nichts zu hören.
Die Zeit verging viel zu schnell und am frühen Abend zogen ziemlich rasch dunkle Wolken auf und wir machten uns auf den Rückweg. Das Kameraequipment war schon fast wieder verstaut, als links und rechts am Hang noch ein paar Gämsen auftauchten! Die aufziehenden Nebelwolken im Hintergrund sorgten plötzlich für eine ganz andere Stimmung. Schnell wurde der Gedanke ans Abendessen zur Nebensache und wir waren wieder völlig auf die Tiere konzentriert. Ich hatte das Gefühl, dass sich einige Gämsen in der Zwischenzeit an unsere Anwesenheit gewöhnt hatten. Relativ lange blieb ein Tier entspannt liegen, schaute zu uns herab und ließ sich nicht stören.
Beim gemütlichen Abendessen im Karl Ludwig Haus ließen wir den Tag gemeinsam noch einmal Revue passieren. Ein wiederholter kurzer Blick auf den Wetterbericht genügte und aufgrund des Regenwetters entschieden wir am nächsten Tag auszuschlafen, ausgiebig zu frühstücken und dann zum Prainer Gscheid langsam abzusteigen.
Sehr gerne möchte ich die Gämsen wieder besuchen. Wenn man sich die Zeit für die Annäherung nimmt, wird man mit etwas Glück auch damit belohnt, dass das Rudel einen mehr oder weniger ignoriert und kann so das natürliche Verhalten der Gämsen aus nächster Nähe fotografieren und beobachten, ein wunderbares Erlebnis!
Der Wunsch neue Bildideen und Vorstellungen umzusetzen und bald wieder zurückzukommen ist groß! Ich werde auf alle Fälle noch einmal die Gämsen auf der Rax besuchen, denn Fotos bei schönerem Licht am Morgen oder am Abend müssen unbedingt noch gemacht werden!
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