Vor einiger Zeit hatte ich zum ersten Mal Bilder aus Cinque Terre gesehen, die mich sofort begeisterten! Pittoreske Küstendörfer – bunte Häuser, eng gebaut in steile Felswände, umgeben von Klippen, an denen sich die Brandung bricht….
Schnell war für mich klar: da muss ich selbst auch hin!
Wie der Name schon sagt, zählen zur Cinque Terre 5 kleine Küstendörfer (Monterosso al Mare, Vernazza, Corniglia, Manarola und Riomaggiore), die sich entlang eines ca. 15 km langen Küstenstreifens an steil abfallende Hänge der italienischen Riviera reihen.
Seit dem Jahr 2000 ist diese Region als Nationalpark geschützt.
Vier der fünf Ortschaften liegen direkt am Wasser, nur Corniglia liegt auf einem Felsvorsprung ca. 100 m über dem Meer.
Nachdem ein paar Tage im Mai als passende Reisezeit festlagen, folgten die üblichen Vorbereitungen: Reiseführer durchblättern, Internet durchforsten, Hotel buchen, Fotos suchen und Google Maps und Google Earth nach passenden Fotolocations durchstöbern.
Da die Dörfer für den Verkehr gesperrt sind und die Parkplätze oberhalb der Dörfer sehr begrenzt und teuer sind, haben wir uns für ein kleines Hotel in Volastra, 350 Höhenmeter oberhalb von Manarola entschieden.
Die gesamten Dörfer der Cinque Terre sind mit dem Auto nur sehr mühsam zu erreichen, die Straßen sind sehr schmal, bergig und abschüssig, eng und kurvenreich und die Fahrt sehr zeitraubend.
Der Zug ist in dieser Gegend die einfachste und schnellste Art um von einem Ort in den nächsten zu kommen.
Stufenweise Entdeckung einer Bilderbuchlandschaft
Manarola
Nach der Ankunft in Volastra, führt uns der erste Weg auf einem alten schmalen Pfad hinunter nach Manarola. „Panoramic view“ steht auf den Schildern, die wir über alte Steinstufen hinunter folgen. Stufe um Stufe steigen wir dem Meer entgegen und wandern an Gestrüpp und Weinterrassen vorbei. Der Weg ist gesäumt von alten Olivenbäumen und blühenden Blumen. Es duftet nach mediterranen Kräutern.
Nach einigen Metern steilem Bergabsteigen beginnen die Knie zu zittern, der Blick aufs Meer und Manarola unter uns entschädigt allerdings – ein wunderbares Panorama tut sich auf! Das Meer glitzert und zum ersten Mal sehe ich die Häuser aus der Nähe, die abenteuerlich verschachtelt in den Fels und in die spektakuläre Steilküste gebaut sind.
Zwischen den pastellfarbigen Häusern, Souvenirläden und kleinen Restaurants finde ich unzählige Fotomotive. Das Gassengewirr des Steilhangs will entdeckt werden – bis hinauf zur letzten Häuserreihe verzweigen sich die engen Treppenwege.
Anstatt von Autos „parken“ bunte Boote vor den Häusern in den Gassen und inmitten der Touristen spielen ein paar halbwüchsige Jungs auf der Piazza Fußball während sich die Sonne langsam dem Horizont nähert.
Zeit für uns, uns zur Location für die Abendfotos zu begeben. Am gegenüberliegenden Hang hat man einen wunderbaren Blick auf das beleuchtete Manarola und die bunte Fassadenkulisse. Die Perspektive – das typische Postkartenmotiv – kennt man aus Zeitschriften und diversen Reiseführern. Aber auch ich will genau dieses berühmte Postkartenmotiv mein Eigen nennen! Viele andere Möglichkeiten gibt es ohnehin nicht, der Platz ist ziemlich beengt.
Ein Ort folgt dem nächsten
Riomaggiore
Am nächsten Tag bringt uns der Zug nach Riomaggiore, dem südlichsten Küstendorf der Cinque Terre. Außerhalb der jeweiligen Bahnhöfe verläuft die Strecke fast gänzlich in Tunneln, dafür präsentieren sich die Bahnhöfe ziemlich außergewöhnlich. Von den Bahnsteigen aus sind es meist nur ein paar Meter von denen man steil hinunter bis zum Meer blicken kann. Über den Tunneleingängen der Bahnsteige befinden sich blühende Gärten und Häuser.
Auch in Riomaggiore stehen die bunt bemalten Häuser dicht aneinander gedrängt, dazwischen steile Treppen, viele Torbögen und labyrinthähnliche schmale Gassen, in denen man sich verlieren könnte. Blickt man nach oben, reihen sich Balkon an Balkon, Wäscheleine an Wäscheleine und Sonnenschutz an Sonnenschutz. Man kommt hier mit dem beengten Raum scheinbar perfekt zurecht. Die kleine Hafenbucht ist hier noch enger gebaut als die von Manarola.
Zu Mittag wird es endlich Zeit für eine gute italienische Pizza! Wir machen es uns in einem kleinen Lokal gemütlich. Der Lokalbesitzer, ein Italiener wie aus dem Bilderbuch, stellt uns einige Minuten später gut gelaunt vor sich hin pfeifend die duftenden Pizzen auf den Tisch.
Da der berühmte Wanderweg von Riomaggiore nach Manarola leider wegen Steinschlag gesperrt ist, fahren wir mit dem Zug am späten Nachmittag weiter nach Vernazza.
Vernazza
Laut Reiseführer gilt Vernazza als der fotogenste Cinque-Terre-Ort und ich bin dementsprechend gespannt darauf. Hauptanziehungspunkt des Vorzeigedörfchens ist die anmutige kleine Hafenpiazza, auf dessen paar Metern sich das gesamte dörfliche Leben abspielt und man sofort in den Bann mediterraner Gelassenheit gezogen wird. Alte Männer sitzen gemütlich im Schatten vor ihren Häusern, beobachten das bunte Treiben auf dem Platz davor und lassen sich auch von zwei fotoverrückten Touristen nicht aus der Ruhe bringen.
Nach kurzer Zeit bin ich von Vernazza fast genauso begeistert wie von Manarola! Wir beschließen auch am nächsten Tag wieder hierherzukommen um uns den Ort nochmal genauer anzusehen. Außerdem haben wir uns die Wanderstrecke von Vernazza nach Monterosso vorgenommen um den vierten der fünf Orte auch noch einen kurzen Besuch abzustatten.
Der klassische Wanderpfad verläuft direkt im Steilhang hoch über der Küste und der Dörfer. Die ca. 5 km lange Wanderstrecke nach Monterosso beginnen wir in Vernazza. Schon nach wenigen Höhenmetern lassen wir den Trubel des Dorfes zurück und haben einen schönen Blick auf den Hafen von Vernazza hinunter.
Die Steigung ist beträchtlich, es geht zunächst einmal schier endlos treppauf. Hat man diesen schweißtreibenden Aufstieg aber erst einmal geschafft, wird man mit einem fantastischen Panorama belohnt!
Der schmale Fußweg verläuft durch die terrassenförmig angelegten Weinberge, die von Trockenmauern gestützt werden müssen um ein Abrutschen ganzer Hänge zu verhindern.
Es geht vorbei an Olivenhainen, Weinstöcken und bunt blühenden Blumen. Immer wieder säumen Kakteen und Agaven den Weg.
Es ist wieder stufig und steil, aber landschaftlich wunderschön! Die Anstrengung lohnt sich definitiv.
Die Pfade sind sehr schmal, kurze Zeit zum Verschnaufen hat man aber zwangsweise immer wieder dann, wenn man anderen Wanderern ausweichen muss. Dies gestaltet sich nicht immer einfach, manchmal muss man sich dicht an die Steinmauer drängen um den Entgegenkommenden vorbeizulassen.
Nach zwei Stunden haben wir Monterosso erreicht. Der Abstieg führt ebenfalls über Treppen durch die terrassenförmig angelegten Weinberge steil bergab.
Monterosso
Monterosso ist mit ca. 1.600 Einwohnern der größte und lebendigste Ort und ist ein bisschen weitläufiger als die anderen Dörfer. Hier kann man auch mal hundert Meter spazieren ohne steile Abhänge oder Stufen bezwingen zu müssen. Monterosso bietet eine gute touristische Infrastruktur und einen langen Sandstrand.
Den Ortskern haben wir ziemlich schnell durchlaufen. Es gibt auch hier hübsche kleine Plätze, gemütliche Ecken und liebevoll dekorierte Geschäfte. Unzählige gemütliche kleine Cafés und Restaurants laden zu einer Pause ein. Diese Pause haben auch wir uns jetzt eindeutig verdient: wir gönnen uns ein ordentliches Mittagessen und ein leckeres Eis danach.
Die Zeit vergeht wie im Flug. Für den Rückweg wählen wir den Zug um die Abendstimmung in Vernazza noch rechtzeitig fotografisch festhalten zu können.
In Vernazza kennen wir bereits fast jede Gasse und so sind wir schnell an der obligatorischen Fotolocation für die letzten paar Fotos angekommen.
Die Sonne versinkt nun langsam am Horizont, und die ganze Landschaft taucht ein in ein sanftes Licht. Ich genieße den Ausblick aufs Meer und beobachte die Brandung, die sich an den Felsen bricht. Die Geräuschkulisse beschränkt sich auf das Rauschen des Meeres, des Windes und unser fotografisches Fachgesimpel mit einem portugiesischen Fotografen, mit dem ich mir meinen Fotoplatz teilen muss.
Kurze Zeit später, als es bereits finster geworden ist, leeren sich die Gassen langsam. Vom Getümmel des Tages merkt man nichts mehr. Zeit auch für uns, einen der letzten Züge zurück nach Manarola zum letzten Mal zu besteigen und sich von Cinque Terre zu verabschieden.
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