Teneriffa, Fuerteventura und Gran Canaria, das sind die bekannten und großen Namen des kanarischen Inselarchipels. El Hierro ist die unbekannteste und auch mit Sicherheit die ursprünglichste, einsamste und kleinste Insel. Dabei beeindruckt die Insel mit fantastischen Landschaften! Lavafelder, soweit das Auge reicht, steile Klippen, dunkle Lavastrände und mystisch grüne Nebelwälder.
„Klein aber oho“ wäre das passende Prädikat meiner Meinung nach für El Hierro! Denn dank der abseitigen Lage ist die Insel bis heute vom Massentourismus verschont geblieben und die Natur ist noch weitgehend intakt erhalten. Sie gilt als kleiner Geheimtipp und „ruhige Alternative“ für alle Kanarenfans und Wanderer, die in ihrem Urlaub vor allem Ruhe und Erholung suchen. Im Jahr 2000 wurde El Hierro von der UNESO zum Biosphärenreservat erklärt, außerdem besitzt die Insel das Gütezeichen „Geopark“. El Hierro ist es gelungen, seinen gesamten Energiebedarf aus Sonne, Wind und Wasser, also aus ausschließlich erneuerbaren Energien, zu gewinnen.
Bis zur Entdeckung Amerikas galt El Hierro als das Ende der Welt. Und ein bisschen fühlt es sich auch heute noch so an. In den 1,5 Wochen unseres Aufenthaltes sind wir auf der ca. 270 km2 „kleinen“ Insel nur ganz wenigen anderen Touristen begegnet. Möglicherweise liegt es auch an der Anreise, denn Direktflüge auf El Hierro gibt es keine. Man fliegt auf Teneriffa oder, wie in unserem Fall, auf Gran Canaria und reist erst von dort weiter auf die kleine Schwesterninsel.
Vielfältige Landschaften auf El Hierro
Trotz der überschaubaren Größe und der geringen Höhe (die höchste Erhebung misst nur 1.500 m) gibt es auf El Hierro aufgrund des gut ausgebauten Wegenetzes und der sehr dünnen Besiedelung fantastische Wandermöglichkeiten, die allen Ansprüchen gerecht werden.
Das Aufregende an El Hierro: Auf wenig Raum gibt es auf der Insel eine faszinierende Vielfalt an Landschaften! Typisch für die schroffe Vulkaninsel sind die Hochebenen und die eindrucksvollen Buchten, die von mächtigen Felswänden umrahmt sind. Im sonnigen Süden dominieren faszinierende Lavalandschaften und in der meistens wolkenverhangenen Cumbre im Hochland findet man mystische Kiefern- und Nebelwälder, die sicher zu den schönsten des gesamten kanarischen Archipels gehören. Die bizarr durch den Wind geformten Wacholderhaine sind ebenfalls einzigartig!
Auf El Hierro findet man definitiv eine „Wildheit“ und „Unberührtheit“, die man auf den anderen Kanareninseln oft vergeblich sucht.
„El Golfo“ und die Küsten im Westen
Ich hatte über Airbnb ein großes Haus in Frontera, im Nordwesten der Insel, gebucht. Das Haus befindet sich auf dem Grundstück eines ruhigen Bio-Bauernhofs und war der perfekte Ausgangspunkt für unsere Inselerkundungen.
Das Tal von „El Golfo“ im Westen ist eine spezielle Gegend. Es ist der einzige Teil der Insel, der relativ flach ins Meer hinabgeht. Die „Bucht“ ist 25 km lang und von über 1.000 m hohen Steilwänden eingerahmt. Aufgrund des milden Klimas gedeihen hier viel Obst und Wein und das fruchtbare Golftal wird auch der „Garten El Hierros“ genannt. Ein bisschen weiter westlich sieht die Gegend bereits ganz anders aus. Die Küsten sind hier überwiegend schroff, rau, unzugänglich und fast überall sandlos. Aber genau das macht diese Landschaft so extrem spannend! Auf den Steilküsten mit tollen Ausblicken hinunter in den stürmischen Atlantik finden wir unzählige gute Plätze und Fotomöglichkeiten. Die Lichtstimmungen sind jedes Mal anders und so wird es auch nie langweilig. Besonders spannend sind die vielen Felsentore und Höhlen entlang der Küste.
Eine der schönsten Plätze ist der „Punta de la Dehesa“. Direkt an der Steilküste entlang schlängelt sich durch eine dunkle Lavagesteinslandschaft ein Wanderweg von dessen aus man immer wieder gute Ausblicke hat. Und so verbringen wir hier im Laufe der Tage gleich mehrere Sonnenauf- und -untergänge. Der wohl bekannteste Punkt ist ein harmonisch geschwungener Felsbogen an diesem Küstenabschnitt. Der „Arco de la Tosca“ erstreckt sich über zwei Klippen und bildet ein mächtiges Felsentor, durch das das Wasser hinein- und hinausströmt. Der Bogen ist mit 25 m Höhe das größte Felsentor der Insel.
Traumstand und Ausblicke vom Gipfel
Einer meiner Lieblingsplätze auf der Insel ist der Strand „Playa del Verodal“. In der felsigen Bucht gibt es mehrere Möglichkeiten für verschiedene Bildausschnitte, sodass man sich hier fotografisch gut austoben kann. Der rot/schwarz schimmernde Vulkansandstrand daneben sticht ebenfalls sofort ins Auge. Die Lichtstimmung an diesem Abend ist besonders schön und ich bin mit den Ergebnissen auf meiner Speicherkarte sehr zufrieden.
Wunderbare Ausblicke hat man auch vom Rand der Cumbre in das El Golfo Tal. Die Wanderung auf den höchsten Punkt der Insel, den „Pico Malpaso“, ist sehr zu empfehlen.
Ein Ort, den man auf keinen Fall bei einem El Hierro Urlaub auslassen sollte, ist der letzte zusammenhängende Wacholderwald der Insel! „El Sabinar“ ist zwar schon stark ausgedünnt, aber trotzdem gibt es noch einige urige Bäume zu bewundern. Das Besondere an diesen Wacholderbäumen sind ihre bizarren Wuchsformen. Die starken und permanenten Winde bringen die Bäume in ihre verdrehten und verbogenen Formen. So mancher Baum trotzt diesen Widrigkeiten schon seit einigen hundert Jahren. Viele Bäume sind so weit gebogen, dass die Kronen den Boden berühren. Die vom Wind zerzausten Wacholdehaine gelten in dieser Form als weltweit einzigartig und sie zählen deswegen zum Wahrzeichen El Hierros.
Der Norden
Einen sehr stürmischer Atlantik mit starken Windböen erleben wir im Norden der Insel. Das Fotografieren wird zur Herausforderung, denn nicht nur der Wind kann ein Fotografenleben erschweren (das Stativ steht fast nie komplett ruhig), auch die Salzwassergischt hinterlässt nervige Spuren an der kompletten Fotoausrüstung und mit dem Sauberwischen komme ich fast nicht nach. Zum Glück gelingen doch einige Fotos ohne störende Wassertropfen.
Faszinierende Lava im Süden von El Hierro
Der südliche Teil der Insel ist der wärmste und trockenste. Die Gegend um La Restinga weist dabei für mich die spannendste Landschaft auf. Diese ist mit jungvulkanischer, schwarzer Lava bedeckt, die in den erstaunlichsten Formen erstarrte. Ein ausgedehntes Lavagebiet von ca. 7 km2 findet man hier vor. Der Ort La Restinga ist umgeben von weiten Lavafeldern mit grotesken Lavaströmen, Vulkankegeln und faszinierenden Schlackefeldern. Und eines fällt hier ganz besonders auf: In dieser jungvulkanischen Landschaft weist die Lava eine ganz besondere Form auf. Es handelt sich hier um sogenannte „Stricklava“ (oder auch Pahoehoe-Lava (hawaiisch), Seillava oder Fladenlava). Der Name „Stricklava“ hat seinen Ursprung in der äußeren Form der Lava. Die Oberfläche ist wie ein Strickmuster strukturiert. Vegetation gibt es hier noch kaum. Die Lava schlingt sich in den merkwürdigsten Formen die Hänge hinunter oder ist zu spitzen und scharfkantigen Türmchen zusammengepresst. Dementsprechend viele Fotomotive finden wir hier vor und im letzten Licht der untergehenden Sonne wirken sie besonders schön.
Mystische Wälder im Bergland
Einen Laurisilva, also einen Lorbeerwald oder immerfeuchten Nebelwald, gibt es auf El Hierro ebenfalls. Ich durfte auf anderen kanarischen Inseln und auf Madeira diesen Waldtyp schon mehrfach bewundern und durchwandern. Die üppig grüne Pflanzenwelt wird aber nie langweilig und so steht er auch als Fixpunkt bei diesem El Hierro Urlaub fest. Auf El Hierro wird der Wald „Monteverde“, also „grüner Bergwald“, bezeichnet.
Als es eines Morgens regnet und dicke, tief hängende Passatwolken die Berge umhüllen, ist sofort klar wohin es für uns geht! Und die Entscheidung war die richtige. In keinem anderen Lorbeerwald hat die Stimmung bisher so gut gepasst wie hier! Die Stimmung an dem Tag ist märchenhaft und ich weiß gar nicht in welche Richtung ich die Kamera zuerst halten soll.
Wunderbare Tage auf El Hierro gehen wie immer viel zu schnell zu Ende. Was bleibt sind schöne Erinnerungen, die einem niemand mehr nehmen kann und die Freude beim Durchstöbern der entstandenen Bilder.
4 Comments
Wunderbare Bilder! DANKE! l. Grüße aus Salzburg
Vielen Dank, Erich, freut mich sehr!
Großartig! ich kann mich Erich nur anschließen.
Welche Reisezeit würdest Du empfehlen?
Hallo Roland!
Vielen Dank!
Die Kanaren sind zu jeder Jahreszeit lohnenswert! Bis jetzt war ich persönlich immer in den Wintermonaten vor Ort.
Viele Grüße, Sonja